Nach über 10 Jahren Diskussionen und Vorarbeiten im Berufsstand ist die Reform der Psychotherapeutenausbildung am gestrigen Abend vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden. Der Präsident der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein (PKSH), Dr. Oswald Rogner, äußert sich zufrieden und betont, dass damit auch in Zukunft psychisch kranke Menschen eine qualitativ hochwertige psychotherapeutische Versorgung erhalten.
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten durchlaufen künftig ein Universitätsstudium, das sie mit einem Master abschließen. Das Studium qualifiziert praktisch und theoretisch so, dass danach eine Approbation erworben werden kann, die bundeseinheitliche Studieninhalte und -strukturen sicherstellt, unabhängig davon, ob die Absolventen später Kinder, Jugendliche oder Erwachsene behandeln wollen. Daran anschließend werden PsychotherapeutInnen wie andere Heilberufe ihre Weiterbildung absolvieren, in der sie sich für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen und in einem Psychotherapieverfahren spezialisieren. Anders als heute werden sie während ihrer stationären Weiterbildung ein Tarifgehalt beziehen können. „Gemessen an den heutigen finanziell prekären Verhältnissen, die während des Psychiatriejahres unserem Nachwuchs zugemutet werden, ist dies ein großer Fortschritt“ so Rogner.
Ein erhebliches Defizit des Gesetzes konnte allerdings bisher nicht korrigiert werden: Die ambulante Weiterbildung ist nicht ausreichend finanziert. PsychotherapeutInnen sollen künftig mindestens 40 Prozent der Vergütungen für ihre ambulanten Leistungen während der Weiterbildung erhalten. „Das ist jedoch nicht ausreichend“, stellt Präsident Rogner fest. „Supervision, Selbsterfahrung und Theorievermittlung und ein Gehalt wie im Krankenhaus lassen sich damit nicht finanzieren.“
Verbesserungen konnten dagegen für die Übergangszeit erreicht werden, in der angehende PsychotherapeutInnen ihre bereits begonnene Ausbildung noch abschließen. Eine Praktikumsvergütung von mindestens 1.000 Euro im Monat während des Psychiatriejahrs stellt sicher, dass sie diese Zeit nicht mehr ohne Einkommen bewältigen müssen. Außerdem konnte erreicht werden, dass PsychotherapeutInnen in Ausbildung mindestens 40 Prozent von der Vergütung der Ausbildungstherapien erhalten sollen. „Die Höhe des so erzielten Einkommens bleibt weiter unzureichend“, kritisiert Rogner. Die Kammer habe sich eine großzügigere finanzielle Förderung für die Psychotherapeutengeneration gewünscht, die mit ihren Protesten wesentlich zur Reform beigetragen hat.
Im Gesetz fand auch eine Forderung der Bundespsychotherapeutenkammmer (BPtK) keine Berücksichtigung, mit der insbesondere die Versorgung von jungen Erwachsenen und Menschen mit geistiger Behinderung durch Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen verbessert werden sollte. Als nicht nachvollziehbar bezeichnet PKSH-Präsident Dr. Rogner diese Entscheidung. "Der Gesetzgeber habe die Chance, Übergangsregelungen für die jetzt approbierten Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen zu schaffen, nicht genutzt."
Das Gesetz muss nun noch den Bundesrat passieren (voraussichtlich Anfang November 2019) und soll dann im Herbst 2020 in Kraft treten. Die neuen Psychotherapie-Studiengänge könnten dann zum Wintersemester 2020/21 beginnen.