Berlin, 11.06.2008: BPtK-News
Über 80 Prozent der Strafgefangenen sind psychisch krank oder weisen Persönlichkeitsstörungen auf. Besonders häufig sind Alkohol- und Drogenabhängigkeit sowie posttraumatische Belastungsstörungen.
Dies sind die alarmierenden Ergebnisse einer aktuell veröffentlichten Studie zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen im geschlossenen Strafvollzug. "Die Gesundheitsfürsorge im Strafvollzug ist oft unzureichend", stellte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. "Die wenigsten Vollzugsanstalten bieten ein ausreichendes, qualifiziertes psychotherapeutisches Angebot."
Nicht jeder, der eine psychische Störung hat, muss oder möchte behandelt werden. Insgesamt sahen jedoch 64 Prozent der Gefangenen bei sich selbst einen aktuellen Behandlungsbedarf. Nach der Bielefelder Studie, in der insgesamt 139 Insassen einer Strafvollzugsanstalt untersucht wurden, sind rund 60 Prozent der Männer und ein Viertel der Frauen alkohol- sowie 60 Prozent der Frauen und über 30 Prozent der Männer drogenabhängig. Etwa ein Drittel der Frauen litten unter einer manifesten posttraumatischen Belastungsstörung. Entgegen verbreiteter Annahmen ließ sich kein Zusammenhang zwischen Haftdauer und Symptombelastung nachweisen.
(Von Schönfeld, C.-E., 2008. Mitgefangen - Mitgehangen. Psychisch kranke Frauen und Männer im geschlossenen Justizvollzug. Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, 15 (1), 35-46.)