Kiel, 15. Juni 2007
Am 2. Juni 2007 fand in Kiel der 2. Norddeutsche Psychotherapeutentag der PKSH statt. Unter dem etwas provokanten Motto „Haben Psychotherapeuten immer Recht?“ trafen sich über 100 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, um sich fachlich über die rechtlichen Aspekte der psychotherapeutischen Berufsausübung fortzubilden und auszutauschen. Das besondere dieser Veranstaltung war das konzeptionelle Herangehen an die Thematik durch eine Kooperation von Juristen und Psychotherapeuten in den einzelnen Workshops. Diese interprofessionelle Vorgehensweise kam bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern insgesamt sehr positiv an und hat wesentlich zum Gelingen der Tagung und deren höchst informativen Charakter beigetragen.Zu Beginn der Veranstaltung verlas der Präsident der Psychotherapeutenkammer, Herr Dr. Oswald Rogner, eine Grußbotschaft der Gesundheitsministerin des Landes Schleswig-Holstein, Frau Dr. Gitta Trauernicht. Danach ging Dr. Rogner in seiner Begrüßungsansprache auf die Vielschichtigkeit des Spannungsfeldes „Psychotherapie und Recht“ ein, das sich einerseits im Verhältnis Psychotherapeut/in zu Patient/in und andererseits im Verhältnis von Psychotherapeuten untereinander und zu anderen Institutionen wie Behörden, Arbeitgebern, Krankenkassen, Kassenärztlicher Vereinigung S.-H. usw. darstellt.
RA Kühnelt, GF Wohlfarth und Präsident Dr. Rogner
im Gespräch (von links)
Rechtsanwalt Andreas Kühnelt, Justitiar der PKSH, betrachtete in seinem Eröffnungsvortrag das Spannungsfeld „Rechte und Pflichten des Psychotherapeuten“ anhand der Frage „Vertragen oder Streiten?“. Aus juristischer Sicht spannte er dabei den Bogen vom Abschluss eines Dienstleistungsvertrages zu Beginn einer Psychotherapie über Fragen der Schweigepflicht bei Fremd- und Selbstgefährdung bis hin zu Regelungen eines Ausfallhonorars bei Therapieabsagen.
Die Vizepräsidentin der PKSH, Frau Dr. Angelika Nierobisch, brachte in ihrem Vortrag „Freiheit oder Zwang?“ einen historischen Abriss der Gesetzgebung zum Psychotherapeutengesetz und zur sozialrechtlichen Anerkennung der Berufsausübung von Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen. Sie ging dabei auch auf die Bedeutung der Kammern ein und machte deutlich, dass die fachliche Kompetenz für berufsrechtliche Regelungen idealerweise, wie auch im Kammergesetz verankert, bei den Angehörigen des Berufsstandes selbst liegt.
Welche Rechte und Möglichkeiten, sich gegenüber ihrem Arbeitgeber zu wehren, in einem Beschäftigungsverhältnis arbeitende PsychotherapeutInnen haben, referierte Rechtsanwalt Axel Riefling in seinem Vortrag zur Frage „Macht oder Ohnmacht?“. Schließlich beleuchtete Rechtsanwalt Joachim Poetsch in einem weiteren Vortrag die „Chancen und Risiken“, die das neue zum 1.1.2007 in Kraft getretene Vertragsarztrechtsänderungsgesetz sowohl für angestellte als auch für niedergelassene PsychotherapeutentInnen mit sich bringt.
Frau Lürken und Frau Bajorat aus der Arbeitsatmospäre im Workshop 3: Dipl.-Psych. Seifert (li.) und Prof. Zielke (re.)
Geschäftsstelle mit dem GF Herrn Wohlfarth "Kein Beruf ohne Ordnung"
In den am Nachmittag stattgefundenen Workshops gab es dann reichlich Gelegenheit, die angesprochenen Themen weiter zu vertiefen. Dabei wurde u.a. das Problem der Selbst- und Fremdgefährdung, d.h. die Frage „Wann darf, wann muss der Psychotherapeut eingreifen?“ näher betrachtet. In einem anderen Workshop ging es um die psychotherapeutische Schweigepflicht unter straf- und berufsrechtlichen Aspekten sowie um die Frage, unter welchen Voraussetzungen diese durchbrochen werden kann und welchen Auskunftspflichten PsychotherapeutInnen unterliegen. Weiterhin wurde die Berufsordnung der PKSH hinsichtlich der Rechte und Pflichten der
PsychotherapeutInnen näher beleuchtet und anhand von Beispielen aus dem Beschwerdemanagement der Kammer verdeutlicht. Schließlich wurde auch in einem weiteren Workshop die Stellung des Psychotherapeuten vor Gericht in seiner Funktion als Partei, Zeuge oder Sachverständiger näher betrachtet. (Eine Zusammenfassung aller Workshops finden Sie untenstehend zum Download)
Gelegenheit zur Begegnung mit den Referenten sowie zum persönlichen Austausch untereinander gab es aber nicht nur im Rahmen der Vorträge und Workshops, sondern auch in den Pausen zwischendurch. Am Ende der ganztägigen Veranstaltung wurde diese Möglichkeit des Austausches und der Begegnung von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ebenfalls im Rahmen des geselligen Ausklangs zahlreich genutzt. Die sehr konzentrierte und informative Arbeitsstimmung des Tages klang bei lockeren Gesprächen, Getränken und musikalischer Begleitung allmählich aus.
Fazit: Eine rundum gelungene und sehr informative Veranstaltung.
Vorstandmitglied Dipl.-Psych. Foerster am Informationsstand
Als ein Ergebnis der Veranstaltung forderte der Präsident der Kammer, Dr. Oswald Rogner, eine bessere Hilfe für Suizid-Gefährdete in Schleswig-Holstein. Die Pressemitteilung zur Veranstaltung finden Sie hier: Pressemitteilung 2. Norddt. Psychotherapeutentag 2007 39.00 Kb
Eine kurze Zusammenfassung der Inhalte der Workshops finden Sie als Dokument hier: Zusammenfassung der Workshops 55.50 Kb